Die Tiroldeklaration möchte den Bergsportlern grundlegende Werte vermitteln. Sie bietet Handlungsempfehlungen in vielen Bereichen, vom Umgang mit anderen Menschen bis zum Erschließen neuer Kletterrouten

 

Aus der Presseerklärung

Vom 6. bis zum 8. September [2002] fand im Congresszentrum Innsbruck die Tagung "Future of Mountain Sports" statt, gemeinsam veranstaltet vom Österreichischen und Deutschen Alpenverein.

Die Anwesenheit eines Großteils der besten Bergsteiger der Welt verlieh der Veranstaltung besondere Bedeutung: u.a. Reinhold Messner, Kurt Diemberger, Sir Chris Bonington, Doug Scott, Silvio Karo, Peter Habeler, Alexander und Thomas Huber.

Gemeinsam mit den Vertretern von 23 Bergsportverbänden aus 4 Kontinenten engagierten sie sich im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung für eine positive Gestaltung der Zukunft des Bergsports. Das Anliegen war es, dass jeder einzelne Bergsportler - vom Gelegenheitswanderer über den Climbingfreak bis zu Profibergsteiger - seinen Sport in verantwortlicher Weise betreibt. Schwerpunktthemen waren: Risiko und Eigenverantwortung, Sicherheit, Fairness, Schutz von Natur und Landschaft.

Die Anwesenden einigten sich auf die Tirol Deklaration. Erstmals in der Geschichte des Bergsports werden in dieser Erklärung die grundlegenden Werte für das Wandern, Klettern und Bergsteigen formuliert. Außerdem enthält die Tirol Deklaration Leitlinien für das Verhalten in allen Bereichen des Bergsports.

Es ist nun die Aufgabe insbesondere der alpinen Verbände weltweit für die Umsetzung der Tirol Deklaration Sorge zu tragen. link

 

Die Hauptanliegen der TD

  • Akzeptiert die mit dem Bergsport verbundenen Risiken und übernehmt Verantwortung.
  • Stimmt Ziele, Können und Ausrüstung aufeinander ab.
  • Verhaltet euch fair und berichtet wahrheitsgemäß.
  • Bemüht euch, nach der Best Practice zu handeln und hört nie auf zu lernen.
  • Seid tolerant und rücksichtsvoll, helft einander.
  • Schützt die wilde, ursprüngliche Natur der Berge und Felsen.
  • Unterstützt die Bevölkerung in den Berggebieten und ihre nachhaltige Entwicklung.
     

Die Kurzfassung

Artikel 1 – Eigenverantwortung
MAXIME
Bergsteiger und Kletterer üben ihren Sport in Situationen mit Unfallrisiko aus, in denen die
externen Hilfsmöglichkeiten eingeschränkt sein können. Im Bewusstsein dieser Tatsache
betreiben sie diese Aktivität in eigener Verantwortung und sind selbst für ihre Sicherheit
zuständig. Jeder Einzelne sollte so handeln, dass er weder die Menschen noch die Natur in
seinem Umfeld gefährdet.


Artikel 2 – Teamgeist
MAXIME
Die Mitglieder eines Teams sollten bereit sein, Kompromisse einzugehen, um alle
Bedürfnisse und Fähigkeiten in der Gruppe zum Ausgleich zu bringen.


Artikel 3 – Die Gemeinschaft der Bergsteiger und Kletterer
MAXIME
Wir sind allen Menschen, denen wir in den Fels- und Berggebieten begegnen, das selbe Maß
an Respekt schuldig. Wir tun gut daran, andere auch unter isolierten Bedingungen und bei
starker körperlicher und seelischer Belastung so zu behandeln, wie wir selbst behandelt
werden wollen.
 

Artikel 4 – Zu Gast in fremden Ländern
MAXIME
Als Gäste in anderen Kulturkreisen sollte unser Verhalten gegenüber den Menschen dort –
unseren Gastgebern – stets durch Zurückhaltung und Höflichkeit gekennzeichnet sein. Wir
respektieren heilige Berge sowie andere sakrale Orte und unterstützen nach Kräften die
Menschen am Zielort und ihre Wirtschaft. Das Verständnis fremder Kulturen ist wesentlicher
Teil eines vollständigen Bergerlebnisses.


Artikel 5 – Pflichten von Bergführern und anderen Gruppenleitern
MAXIME
Professionelle Bergführer, andere Leiter von Gruppen sowie deren Mitglieder sollten sich
über ihre jeweiligen Rollen klar sein sowie die Freiheiten und Rechte anderer Gruppen und
Individuen respektieren. Um adäquat vorbereitet zu sein, sollten Bergführer, andere
Gruppenleiter und die übrigen Teilnehmer an einer Tour die damit verbundenen Ansprüche,
Gefahren und Risiken kennen. Zudem sollten sie über die notwendige Erfahrung und die
erforderlichen Fähigkeiten verfügen, die richtige Ausrüstung mitführen und Erkundigungen
einholen zum Wetter sowie zu den Verhältnissen am Berg.
 

Artikel 6 – Notsituationen, Sterben und Tod
MAXIME
Um auf Notsituationen, schwere Unfälle und Todesfälle vorbereitet zu sein, sollte jeder, der
den Bergsport ausübt, sich über die damit verbundenen Risiken und Gefahren im klaren
sein. Er muss wissen, dass er über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen
sollte und die erforderliche Ausrüstung mitzuführen hat. Alle Bergsportler müssen bereit
sein, anderen in einer Notlage zu helfen und die Folgen eines Unglücks zu tragen.


Artikel 7 – Zugangsfragen und Naturschutz
MAXIME
Wir betrachten den verantwortlichen Zugang zu Berg- und Felsgebieten als ein Grundrecht.
Wir sollten unsere Aktivitäten stets naturverträglich ausüben und uns aktiv für den Schutz
der Natur einsetzen. Wir respektieren die zwischen Bergsportlern, Naturschutz-
organisationen und Behörden vereinbarten Regelungen und Zugangsbeschränkungen.


Artikel 8 – Guter Stil
MAXIME
Die Qualität der Erfahrung sowie die Art und Weise, wie wir ein Problem lösen, sind
wichtiger als dass wir es lösen. Wir bemühen uns, keine Spuren zu hinterlassen.


Artikel 9 – Erstbegehungen und Erstbesteigungen
MAXIME
Die Erstbegehung einer Route ist wie die Erstbesteigung eines Berges ein kreativer
Akt. Sie sollte in einem Stil durchgeführt werden, der zumindest der in der jeweiligen
Region üblichen „Kletterethik“ entspricht und Verantwortung zeigen gegenüber der
örtlichen Bergsportgemeinschaft sowie den Bedürfnissen kommender Generationen.
 

Artikel 10 – Sponsoring, Werbung und Public Relations
MAXIME
Die Zusammenarbeit zwischen Sponsoren und Bergsportlern muss ein durch
Professionalität gekennzeichnetes Verhältnis sein, das dem Wohl des Bergsports dient. Die
Bergsportgemeinschaft in all ihren Teilbereichen ist dafür verantwortlich, sowohl die Medien
als auch die Öffentlichkeit in aktiver Weise über die Belange des Bergsports aufzuklären und
zu unterrichten.

Quellen und Links
 

Download der Tiroldeklaration (bereitgestellt von Mountain Wilderness)

Bei Markus Stadler: Artikel, PDF der Deklaration

 

Kritik

Die Tiroldeklaration wird mehrheitlich positiv aufgenommen, einzig die mangelnde Umsetzung durch den DAV wird kritisiert. Siehe dazu z.B. AV-Jahrbuch 2009 Interview mit Alex Huber u.a. Seite 306. A. Huber: "Ich bin wirklich so richtig enttäuscht, denn mehr als das Papier ist die Deklaration bis heute nicht wert. Sie wird in wichtigen Punkten nicht umgesetzt..." Und ihm geht es dabei auch in erster Linie um die Zerstörung von klassischen Routen durch übertriebenes Sanieren.

 

Siehe auch DAV Erstbegungs- und Sanierungscharta

Stand 2022

In DAV Panorama erschien ein Artikel zum aktuellen Stand und der zieht auch ein kritisches Resümee zum Erfolg der Tirol Deklaration.